
Endometriose: Ursachen und die bedeutende Rolle des Endocannabinoidsystems (Teil 2)
FrauengesundheitUnkategorisiert Jul 2022
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Über die Ursachen und Symptome von Endometriose und wieso das Endocannabinoidsystem eine vielversprechende Rolle in der Behandlung von Endometriose spielt
Endometriose (EM) betrifft viele Frauen während ihrer reproduktiven Jahre und ist mit Schmerzen und Unfruchtbarkeit verbunden, die auch das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität beeinträchtigen können. EM ist eine häufig vorkommende Erkrankung. Charakteristisch ist, dass Gewebe, welches dem Gewebe ähnelt, das normalerweise die Innenseite der Gebärmutter auskleidet – das sogenannte Endometrium – außerhalb der Gebärmutter wächst.
Das endometriumähnliche Gewebe außerhalb der Gebärmutter reagiert auf hormonelle Reize und verhält sich wie Endometriumgewebe: Es verdickt sich, baut sich ab und blutet bei jedem Menstruationszyklus. Da dieses Gewebe den Körper jedoch nicht verlassen kann, wird es eingeklemmt und führt zu inneren Blutungen, Entzündungen und Fibrosen. Auch das umliegende Gewebe kann gereizt werden, so dass sich schließlich Narbengewebe und Verwachsungen bilden, die dazu führen können, dass Beckengewebe und Organe zusammenhaften. Diese Veränderungen sind mit chronischen und oft lähmenden zyklischen Schmerzen und Unfruchtbarkeit verbunden.
Theorien über die Ursachen von Endometriose
Obwohl die genaue Ursache der Endometriose noch nicht bekannt ist, gibt es verschiedene Theorien:
Retrograde Menstruation
Bei der retrograden Menstruation fließt das Menstruationsblut, das Endometriumzellen enthält, durch die Eileiter in die Beckenhöhle zurück, anstatt den Körper zu verlassen. Diese Endometriumzellen bleiben an den Beckenwänden und den Oberflächen der Beckenorgane haften, wo sie wachsen und sich während jedes Menstruationszyklus weiter verdicken und bluten.
Umwandlung von Bauchfellzellen
In der sogenannten “Induktionstheorie” gehen Experten davon aus, dass Hormone oder Immunfaktoren die Umwandlung von Peritonealzellen – Zellen, die die Innenseite des Bauches auskleiden – in endometriumähnliche Zellen fördern.
Umwandlung embryonaler Zellen
Hormone wie Östrogen können embryonale Zellen – Zellen in den frühesten Entwicklungsstadien – während der Pubertät in endometriumähnliche Zellimplantate verwandeln.
Chirurgische Narbeneinpflanzung
Nach einer Operation, z. B. einer Hysterektomie oder einem Kaiserschnitt, können sich Endometriumzellen an einem chirurgischen Einschnitt festsetzen.
Transport von Gebärmutterschleimhautzellen
Die Blutgefäße oder das Gewebsflüssigkeitssystem (Lymphsystem) können Endometriumzellen in andere Körperteile transportieren.
Störung des Immunsystems
Ein Problem mit dem Immunsystem kann dazu führen, dass der Körper nicht in der Lage ist endometriumähnliches Gewebe, das außerhalb der Gebärmutter wächst, zu erkennen und zu zerstören.
Leider erklärt keine dieser Theorien vollständig, warum Endometriose auftritt. Es ist wahrscheinlich, dass eine Kombination mehrerer Faktoren die Krankheit verursacht.
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Symptome und Behandlung von Endometriose
Das Hauptsymptom der Endometriose sind Beckenschmerzen, die häufig mit der Menstruation einhergehen und als Dysmenorrhoe bezeichnet werden. Obwohl viele Frauen während ihrer Menstruation Krämpfe verspüren, beschreiben Betroffene Menstruationsschmerzen, die viel stärker sind als normal. Weitere häufige Anzeichen und Symptome der Endometriose sind schmerzhafter Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen, übermäßige Blutungen und Unfruchtbarkeit.
Aufgrund der vielschichtigen Pathogenese ist die Behandlung von Schmerzen bei EM-Patienten eine medizinische Herausforderung. Die EM-assoziierten Schmerzmechanismen sind komplex und miteinander verknüpft und lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen: nozizeptive, entzündliche und neuropathische Schmerzen.
Die derzeitigen Schmerzbehandlungsstrategien für EM konzentrieren sich hauptsächlich auf medizinische Behandlungen mit einem einzigen Wirkmechanismus, wie Hormontherapie, Schmerzmittel oder nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) und/oder chirurgische Resektionen. Aus diesem Grund ist die derzeitige medizinische Behandlung unzureichend, da sie mit einer hohen Wahrscheinlichkeit verbunden ist, dass die Symptome erneut auftreten und/oder die chronischen Beckenschmerzen nur teilweise lindern.
Darüber hinaus sind die Schmerzen bei EM häufig mit psychischen Problemen und Müdigkeit verbunden, welche die Schmerzen zusätzlich verstärken können. Daher ist ein Therapieansatz mit mehreren Mechanismen erforderlich, um die komplexen Symptome bei EM-Patienten zu behandeln.
Endometriose ist mit Endocannabinoid-Mangel verbunden
Endocannabinoide wurden erst 1992 entdeckt und erst kürzlich eingehend untersucht. Die Endocannabinoide und ihre Rezeptoren sind im gesamten Körper vorhanden. Das Endocannabinoidsystem ist im weiblichen Fortpflanzungssystem allgegenwärtig, und es gibt Hinweise darauf, dass praktisch alle Phasen der weiblichen Fortpflanzung durch ECS-Signale reguliert werden. Die Cannabinoidrezeptoren sind im Endometrium, im Myometrium, in der Eierstockrinde, in der Medulla und in den Eileitern vorhanden. Sie haben Einfluss auf den Menstruationszyklus, die Reifung der Eierstöcke und auf die Einnistung eines Embryos.
Das Endocannabinoid-System (ECS) hat in letzter Zeit bei der Behandlung von EM-bedingten Schmerzen an Aufmerksamkeit gewonnen. Im Endometrium von Frauen mit Endometriose wurden im Vergleich zu Kontrollpersonen signifikante Unterschiede in den Konzentrationen und Ausprägungen der Komponenten des ECS festgestellt. Endometriose scheint mit einer verringerten Anzahl an CB1-Rezeptoren und einer höheren Anzahl an CB2- und TRPV1-Rezeptoren verbunden zu sein. Diese Veränderung der ECS-Komponenten könnte die nozizeptiven, entzündlichen und neuropathischen Schmerzen bei EM auslösen.
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass das ECS bei Endometriose mit spezifischen Mechanismen im Körper interagiert, die mit der Schmerzentstehung verbunden sind, wie Entzündung, Zellproliferation und Zellüberleben. Diese Mechanismen spielen eine entscheidende Rolle bei Endometriose-assoziierten Schmerzen und bei der Entstehung der Krankheit, ihrer Aufrechterhaltung und ihrem Wiederauftreten.
Die Wechselwirkungen zwischen dem ECS und den mit dem Schmerz assoziierten Mechanismen bei EM-Patientinnen treten auf mehreren Ebenen auf: Veränderungen im zentralen und peripheren Nervensystem, Beteiligung von neuropathischen und entzündlichen Schmerzen, psychologische Interaktion mit der Schmerzerfahrung, hormonelle Variabilität des Schmerzes und die Expression von Cannabinoidrezeptoren, Enzymen und Liganden. Daher scheint die Modulation des ECS eine ausgezeichnete therapeutische Strategie zu sein, da sie potenziell alle diese Faktoren kombiniert.
Auswirkungen von Cannabis auf EM-assoziierte Schmerzen und die damit verbundenen Symptome
Cannabis enthält sekundäre Stoffwechselprodukte, die als exogene Cannabinoide (z. B. THC und CBD) bekannt sind. Diese Klasse von Naturstoffen interagiert mit den ECS-Rezeptoren in unserem Körper. Daher kann Cannabis eine wirksame Option zur Linderung verschiedener EM-bezogener Symptome sein. Eines der Hauptmerkmale der Endometriose ist zum Beispiel die Entzündung. Cannabis hat entzündungshemmende Eigenschaften. Ein weiteres Symptom der Endometriose sind (oft chronische) Schmerzen. Studien zeigen, dass Cannabis bei chronischen Schmerzen hilfreich ist. Endometriose kann auch Begleiterscheinungen wie Angstzustände und Depressionen verursachen, bei denen Cannabis ebenfalls helfen kann.
Internationalen Erhebungen zufolge ist Cannabis eine der am häufigsten verwendeten Selbstbehandlungsstrategien für Endometriose-Symptome und hat Berichten zufolge die höchste selbst eingeschätzte Wirksamkeit bei der Schmerzreduzierung unter den Patienten. Der genaue Mechanismus, durch den diese Wirkstoffe helfen können, ist jedoch nur unzureichend bekannt. Es ist zu hoffen, dass die Forschungsgruppen, die derzeit weltweit Pionierarbeit auf dem Gebiet der Cannabis-Endometriose leisten, die wahren Hintergründe weiter aufdecken werden.
In einer Umfrage wurden klinische EM-Patientinnen nach ihren Erfahrungen mit Cannabis und Cannabidiol (CBD) zur Behandlung von Endometriose- und Beckenschmerzsymptomen befragt. Die meisten Patienten (67,5-75,9 %), die Cannabis und/oder CBD-Produkte ausprobiert haben, gaben an, dass sowohl Cannabis als auch CBD bei Beckenschmerzen mäßig oder sehr wirksam sind. Eine Online-Querschnittserhebung in Australien ergab, dass 13 % der Frauen mit Endometriose Cannabisprodukte zur Behandlung von Symptomen und Schmerzen verwenden. Die berichtete Wirksamkeit bei der Schmerzreduzierung war so hoch, dass die pharmazeutische Medikation, insbesondere Opioide, bei ihnen um mindestens die Hälfte reduziert werden konnte. Außerdem berichteten die Frauen über eine deutliche Verbesserung bei Schlafproblemen, Übelkeit und Erbrechen.
Eine weitere Querschnittserhebung in Neuseeland zeigte ähnliche Ergebnisse und berichtete, dass Cannabis eine wirksame Möglichkeit zur Behandlung von Schmerzen und anderen Endometriose-Symptomen darstellt und den Opioid- und Schmerzmittelkonsum ersetzen kann. Am häufigsten wurde Cannabis zur Schmerzlinderung und zur Verbesserung des Schlafs eingesetzt. Die Befragten gaben an, dass ihre Symptome bei Schmerzen (81 %), Schlaf (79 %) und Übelkeit oder Erbrechen (61 %) “viel besser” waren. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, dass Cannabis ihren normalen Medikamentenkonsum reduziert hat. Mehr als die Hälfte konnten andere Medikamente vollständig absetzen; Analgetika und Opioide waren die häufigste Klasse von Schmerzmitteln, die reduziert werden konnten.
Eine kürzlich durchgeführte Beobachtungsstudie an Frauen mit wiederkehrender EM zeigte den Nutzen von CBD auf verschiedene EM-Symptome nach sechsmonatiger oraler/vaginaler Anwendung. Die Verwendung von CBD-Ölen und CBD-Zäpfchen verbesserte nicht nur subjektiv die Lebensqualität der Patientinnen, sondern verringerte auch die Schmerzintensität auf der numerischen Bewertungsskala. CBD verbesserte auch die Schlafqualität und andere psychosomatische Aspekte erheblich.
Außerdem ging die Zahl der Krankschreibungen zurück. Die entspannenden, angstlösenden, schmerzstillenden und entzündungshemmenden Wirkungen von CBD haben die Lebensqualität der Patientinnen während der sechs Monate deutlich verbessert. Die Patientinnen gaben an, dass die CBD-Behandlung eine bessere Selbsteinschätzung des physischen und psychischen Befindens ermöglichte. Diese Studien wurden aus der wachsenden Zahl von Nachweisen über die Verwendung von Cannabis zur Symptomkontrolle bei EM ausgewählt. Insgesamt berichten die Frauen über eine gute Wirksamkeit von Cannabis bei der Linderung von Schmerzen und anderen Symptomen, wobei nur wenige unerwünschte Nebenwirkungen gemeldet wurden.
Der genaue Mechanismus, durch den diese Substanzen helfen können, ist jedoch nur unzureichend bekannt und wird noch erforscht. Es bleibt zu hoffen, dass die Gruppen, die derzeit weltweit Pionierarbeit auf dem Gebiet der Cannabis-Endometriosebehandlung leisten, diese weiter aufdecken werden.
Der Inhalt dieses Beitrags stellt keine medizinische Beratung dar und ersetzt diese auch nicht. Es ist wichtig, dass Sie Ihren Arzt aufsuchen, wenn Sie gesundheitliche Bedenken haben, und dass Sie mit medizinischen Fachleuten zusammenarbeiten, um Behandlungspläne zu entwickeln, die für Sie geeignet sind.
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